Oder: über die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Ansatzes bei der Geburtsvorbereitung
Dieser
Artikel ist nicht sonderlich leicht zu lesen. Ich selbst ersticke
manchmal an der Übereinanderhäufung der Worte in manchen Sätzen,
habe mich aber absichtlich dagegen entschieden ihn umzuschreiben.
Ich
bin momentan voller Wut. Keine destruktive Wut, eher eine mit
Volldampf nach vorn gerichtete Wut, wenn man den Tatendrang
betrachtet. Deswegen verballen sich die Sätze im Text und ich finde
das ganz gut so, denn es wäre anstrengend zu versuchen mich anders
ausdrücken.
Seid also gewarnt!
Seid also gewarnt!
In
diesem Beitrag geht es kurz um meine Meinung zu dem Antrag auf
Aufnahme der natürlichen Geburt ins immaterielle Kulturerbe, der
Anfang Dezember 2013 gestellt wurde und darum, wie ich eine ganz
ähnliche Zielstellung verwirklichen möchte.
Das
Duo aus der berliner Hebamme und Stillberaterin Bettina Kraus und dem
Leiter der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Joseph
Krankenhaus Berlin Tempelhof, haben Anfang Dezember, eventuell etwas
ironisch, die natürliche Geburt als immaterielles Kulturerbe
angemeldet. Gleich mit zehn Anträgen. Dazu hab ich mehrere Gedanken.
Erstens,
ein Mann, in der medizinischen Welt hierarchisch ganz oben, tut sich
mit einer Hebamme zusammen und beweist dass ich mein Männerbild mal
wieder etwas zu sehr ins pauschalisierende Irrationale hab abrutschen
lassen. Danke dafür!
Zweitens,
ein weiterer Mann, in dieser seltsam verdrehten Welt der männlichen
Vorgesetzten in der Frauenheilkunde reiht sich in die Reihe der
großen Kämpferherzen inmitten des Machtgerangels um Geburtshilfe
und Geburtsmedizin von Leboyer, Odent und Rockenschaub ein und zeigt
wiederum, dass Polarität wirklich ein beobachtbares Prinzip ist.
Drittens,
spricht sich eine repräsentative Einrichtung und deren wichtige
Führungspersönlichkeiten ganz eindeutig für die Natürlichkeit der
Geburt und noch eindeutiger gegen den mechanisierenden, den Frauen
ihres natürlich angelegten Vertrauens in sich und ihre zur Geburt
befähigenden Körper entreißenden Trend aus – was fast noch
wichtiger ist, denn die Geburt in der Klinik, die für den größten
Teil für das absolut richtigste Wichtigste und überhaupt den
einzigen sicheren Weg gehalten wird, steht für all das und vor allem
die Notwendigkeit dessen. Und mit 'all das' meine ich jegliche
Intervention, von prophylaktischer Kanülensetzung, über den
Wehenschreiber bis zum Einsatz von künstlichem Oxytocin zur
Wehenanregung und den damit oft verbundenen Kaiserschnitt.
Denn
dem gemeinen Volk bleibt oft verborgen, dass es nicht das
Krankenhaus, mit seinen schnellen Methoden zum Eingreifen ist, dass
in gewissen Notsituationen Kind und Mutter rettet, sondern dass es
das Krankenhaus mit all diesen Methoden, den konsensualisierten
Normen für Wehenstärke, Geburtsfortschritt und -dauer und so vielem
anderen ursächlich eigentlich erst ist, dass diese Notwendigkeit zum
Eingreifen hervorruft.
Diesen
Teufelskreis der Interventionen, etwas kuschliger oft unter dem
Begriff Interventionskaskade geführt, erkläre ich ausführlich
genug in dem Artikel über Geburtsphysiologie, in dem deutlich wird,
wieso Geburt von Natur aus weder schmerzvoll, noch gefährlich ist.
Wer
sich über die Entwicklung von der normalen Hausgeburt zu der
verpönten Hausgeburt und der idealisierten Klinikgeburt belesen
möchte und vielleicht mit den oft so fälschlich verwendeten
Argumenten der niedrigen Sterblichkeit von Mutter und Kind in dem
jetzigen Arrangement ein bisschen verwirrt ist, sollte sich
vielleicht einmal die berühmte Katzenfabel zu Gemüte führen und
bedenken, was verbesserte hygienische Verhältnisse von damaligen
Hausgeburtszeitalter zum heutigen mechanisierten Geburtszeitalter
verändert haben.
Aber zurück zu meinen Gedanken. Schließlich sind die sehr wichtig ;-)
Viertens,
schwenkt dieser Antrag auf den Erhalt der natürlichen Geburt als
kulturell wichtiges Wissen nicht nur den Lichtkegel des Fokus' auf
die verquere Situation, sondern kommt mehr einer Kapitulation gleich,
als einer Kampfansage.
Kulturerbe
klingt immer, egal wie aufgeschlossen man ist, nach etwas Altem, das
nur noch wegen seiner Schönheit, seines sentimentalen Wertes und der
Möglichkeit der anschaubaren Erinnerung an vergangene Zeiten
erhalten werden muss.
Es
wurde bestimmt schon deutlich, dass ich den grundsätzlichen
Grundsatz sehr begrüße, vor allem den Personenkreis aus dem er
verkündet wird. Allerdings gebe ich die natürliche Geburt nicht
auf. Ich gebe auch nicht den Gedanken auf, dass das, was Geburt
eigentlich ist, wieder in die Köpfe und damit auch in die Herzen
zurückkehren kann und wieder und das erste Mal weltweit die Norm
werden kann.
Ich
gestehe, dass ich kein großer Freund des Wortstammes 'norm' und
seines Wortfeldes bin. Denn die Existenz einer Norm geht fast immer
oder sehr schnell einher mit Ignoranz gegenüber dem Anderen, das
aber ebenso Daseinsberechtigung hat.
In
Ermangelung einer besseren, passenderen, ebenso knappen und
verständlichen Formulierung werde ich allerdings über meinen
Schatten springen. ;-)
Fünftens,
befürchte ich, dass das nicht der richtige Weg ist. Oder zumindest
nur teilweise. Natürlich muss irgendwo begonnen werden. Und eine
Persönlichkeit, der aufgrund der geltenden Konventionen zur
Glaubwürdigkeit einer Person, so schwer der Boden unter der Füßen
fortgerissen werden kann und die immer eine gewisse hörige Reaktion
in den Menschen hervorrufen wird, die kann viel bewirken.
Dem
stehen aber immer noch die gegenüber die, ich zitiere da den
Kommentar einer Dame bezüglich dieses Themas „Überidealisierung
des Natürlichen“ nicht gutheißen und das Wort 'natürlich' allein
schon ausbuhen.
Nun,
natürlich haben die ein Recht auf ihre Meinung und gegen mentale
Steinblöcke einzurennen kostet schlichtweg viel zu viel Energie, vor
allem da es so viele Frauen gibt, die sich in der momentanen
Geburtssituation nicht wohl fühlen und dringend nach Auswegen
suchen.
Ich
vermeide absichtlich das Wort Alternative, da für mich die
Alternative mit 'nicht normgemäß' konnotiert ist. Und das
entspricht ihr nicht. Hier sind Norm und nicht normgemäß
schlichtweg vertauscht, so dass das nicht normale als Norm gilt und
das Normale sogar als Humbug, Zufall oder gar Glück – ich meine,
dass die beobachtete Geburt die oft so viel Schmerz bringt und bei
der so viel schief gehen kann (man hört das ja oft genug) als die
Norm gilt und Geburten ohne Schmerz, die angenehm und schön
empfunden werden und die oft ohne den Rattenschwanz der modernen
Medizin auskommen (bzw. eben absichtlich darauf verzichten) komisch
beäugt und nur zu oft als Unmöglichkeiten verbucht werden.
Ich
denke also man muss anders ansetzen. Man muss diesen suchenden Frauen
dies Möglichkeit geben, wieder zurück zu finden zum eigentlich
Normalen.
In
der Pressemitteilung der Klinik zum Antrag auf immaterielles
Kulturerbe der natürlichen Geburt stehen genau die Worte:
„...Das Wissen um die natürlichen Prozesse und die menschlich
zugewandte Betreuung
während der Geburt gingen zunehmend verloren -- zugunsten einer
technik-orientierten Überwachung. „Was Schwangeren häufig fehlt,
ist das Vertrauen und die Kenntnis über die eigenen körperlichen
Möglichkeiten, eine Geburt gut zu meistern‘‘, ergänzt Hebamme
Bettina Kraus. ...“
Prima
Idee, nur wie? Natürlich ist ein guter Ansatz, von oben zu
informieren und Exempel zu statuieren, bzw. zu gestikulieren, wie mit
diesem Antrag auf Kulturerbe.
Aber
eigentlich müssen die Frauen selbst von innen wieder anfangen zu
vertrauen. Bisher finden sie da nicht sehr viel Unterstützung. Um
die jahrelang angelegten
und aufgebauten Vorstellungen und tief verwurzelten Ängste das Thema
Geburt betreffend den Boden zu entreißen, bedarf es oft viel Arbeit
und Einsatz. Auch wenn es bereits Konzepte gibt, die auch der
Verstandesseite Vertrauen schenken (z.B. Hypnobirthing, ein Konzept
das angelegt ist Ängste zu verarbeiten und vor allem während der
Geburt dafür zu sorgen,
dass die Mutter in dem angstfreien, entspannten Zustand sein kann,
der für die ursprünglich angelegte, diffizile und hochspezifische
Geburtsphysiologie unbedingt nötig ist), aber handelt es sich dabei
um Dinge die erlernt werden müssen.
Daran
ist nichts Schlimmes, aber mich stört daran, dass all das den Frauen
untergründig das Gefühl gibt, sie müssen bestimme Dinge tun, um
auf die Geburt vorbereitet zu sein, sonst würde
es nichts werden.
Jeder
Geburtsvorbereitungskurs sagt genau das: du bist nicht vorbereitet,
du musst es erst lernen.
Und
das ist großer Blödsinn.
Jede
Frau ist für die Geburt bestens ausgerüstet, in dem Artikel über Orgasmic Birth beschreibe ich genau wie fantastisch sie ausgerüstet
ist und wie wundervoll es funktioniert, sind die normalsten und
einfachsten und eigentlich auch logischsten Voraussetzungen gegeben,
die sich für jede Tiergeburt selbst verstehen. Ich meine natürliche
Ruhe, Entspannung, Geborgenheit, Angstfreiheit, all das von dem wir
wissen, dass man es Säugetieren geben muss, da sie sonst die Geburt
unterbrechen. Was auch gut ist, denn somit ist die Mutter in
gefährlicher Situation nicht gezwungen zu gebären und sich der
Gefahr in ihrem angreifbaren Zustand auszusetzen. Deswegen
wirkt
sich jegliche Adrenalinausschüttung (
auch jeden Bisschen Hektik, Stress, Unruhe und Stimulation des
Neokortex z.B. durch Licht, Gerede usw.)
absolut kontraproduktiv auf den Geburtsverlauf aus.
Allerdings
weiß ich selbst, wie es
ist, wenn man etwas
verstehen und wissen kann, das Gefühl aber nicht hinterher kommt. So
kann ein Frau zum Beispiel wissen, dass sie für die Geburt nichts
wissen brauch, dass ihr Körper dafür gemacht ist und dass sie für
eine wunderbare Geburt einfach nur auf sich selbst hören muss, sie
kann sich aber trotzdem
vor der Geburt fürchten und von all diesen jahrelang gefütterten
Ängsten nicht so leicht loskommen.
Was
dann tun?
Für
diese Frauen entwickle ich einen ganzheitlichen
Geburtsvorbereitungskurs.
Das
Wort ist nicht so recht passend, zumindest nicht, wenn man mit
anderen Kursen vergleicht, denn dieser Kurs wäre eigentlich nicht
nötig.
Aber
manche Frauen glauben, dass sie dennoch Vorbereitung benötigen. Und
diesen Frauen diesen Glauben zu entreißen und sie mit der
Argumentation, dass sie das schon hinkriegen werde, im Regen stehen
zu lassen, ist nicht tragbar.
Meiner
Erfahrung nach platzt irgendwann der Knoten. Und zwar, wenn man
vollkommen stressfrei und erwartungslos immer wieder hört und sieht
und spürt.
Nichts
weiter soll der Kurs bringen.
Neben
logischer Erklärung des Geburtsprozesses, die sich nicht in
unnötigen Fakten verstrickt, aber dennoch genügend Puffer für die
Verstandesseite geben und sei es nur dazu, dass die sich beruhigt
zurück setzen kann, kommen verschiedene intuitionschulende Übungen
und ausgewählte Techniken zum Einsatz, die in einem ruhigen,
vertrauensvollen, völlig wertfreien und leichtem Umfeld mit den
einzig wichtigen Inhalten eines konventionellen
Geburtsvorbereitungskurses den Bogen
schlagen zu einem einzigen Ziel.
Den
Frauen zu helfen, wieder das tiefe Vertrauen in sich zu spüren, dass
sie die Geburt als das Fest erleben lassen, das es eigentlich ist –
die Ankunft eines neuen Menschen.
Ein
Artikel über diesen ganzheitlichen Ansatz der Geburtsvorbereitung
und den geplanten ganzheitlichen Geburtsvorbereitungskurs wird bald
ein Beitrag folgen.
Viele
liebe Grüße von eurer etwas geladenen, aber vor Tatendrang förmlich
vibrierenden
Liebe Freya,
AntwortenLöschenhast du schon von dem Film "Die sichere Geburt-wozu Hebammen?" gehört? Ich denke es würde sich lohnen ihn anzuschauen, habe ihn aber selber noch nicht gesehen. Es ist ein Dokumentarfilm darüber, wie eine Geburt sicher verläuft, welche Folgen Eingriffe in diesem Ablauf für Mutter und Kind haben und natürlich auch welche Rolle die Betreuung durch Hebammen dabei spielt. Die geburtshilfliche Situation in Deutschland ist mir sehr wichtig, denn meine vier Geschwister und ich sind zuhause geboren und ich hoffe sehr, dass es für mich auch möglich sein wird (ich bin 15). Falls du dich für den Film interessiert kannst du ja mal auf der Internetseite nachlesen( www.die-sichere-geburt.de ).
Ich finde es fantastisch dass du dich so für uns Frauen (und Mädchen) einsetzt!
Alles Liebe
Deine Almut